Als Unsui und Shin-Buddhist einmal um die Welt: Im Himalaya (Himachal Pradesh, Ladakh und Nepal)
von Meik Nörling
Nach meiner Pilgerreise „auf Buddhas Spuren“ führte mich meine Reise auf dem Subkontinent in die Himalaya-Region Indiens, zuerst in den Bundesstaat Himachal Pradesh. Mit dem Nachtbus ging es von Delhi nach Dharamsala, wo ich mich in dem Vorort Forsyth Ganj für neun Tage in ein Hotel einquartierte. Die Tage verbrachte ich abwechselnd damit in der Umgebung des Hotels wandern zu gehen – von hier aus hatte man spektakuläre Ausblicke auf das Dhauladar-Massiv und ansonsten war es wesentlich ruhiger als in McLeod Ganj und Umgebung, das ich die übrigen Tage besuchte. McLeod Ganj ist nämlich der Stadtteil von Dharamsala, in dem der Dalai Lama und mit ihm viele Exil-Tibeter ihre neue Heimat gefunden haben. Mehrmals besuchte ich dort das Treckchen Choeling Areal auf welchem mehrere Tempel, ein Kloster samt Universität und auch der Privattempel und die Wohnstätte des Dalai Lama liegen. Privataudienzen gibt Seine Heiligkeit allerdings offiziell keine mehr. Während meines Aufenthaltes in Dharamsala konnte man sich für die Teilnahme einer Belehrungswoche registrieren, die Seine Heiligkeit abhalten würde, aber während der anberaumten Woche sollte ich schon woanders unterwegs sein. So galten meine Besuche von McLeod Ganj eher den verschiedenen Tempeln und Klöstern, und auch das Tibetische Bücherinstitut und -Archiv sowie das Tibet-Museum schaute ich mir an. Die Atmosphäre in McLeod Ganj hatte schon was religiös-esoterisches an sich, und viele der Westler, die hier rumliefen, waren als Buddhismus- oder Hinduismus-Praktizierende zu erkennen: Einige waren offensichtlich Ordinierte der tibetischen Tradition geworden, andere liefen als Laien mit Mala um den Hals und indisch-tibetisch angehauchter Kleidung herum, und wieder andere folgten ihrem indischen Hindu-Guru und trugen selbst Ashram-Kleidung, manchmal auch Dreadlocks. Ab und an trug ich meinen japanischen Samu-e (Arbeits und Meditationsanzug, mein hiesiger ist schwarz) und bot wohl auch ein seltsames, wenn auch irgendwie hierher passendes, Erscheinungsbild. Dies ist wohl einer der Orte, an den Westler reisen und auch für länger bleiben, um zumindest für ein paar Wochen oder Monate den tibetischen Buddhismus zu studieren. Auch hier ist das Angebot breit gefächert: Es gibt einen hinduistischen Yoga-Ashram in einem der Nachbar-Stadtteile und auch ein Zentrum für Theravada-Retreats. Die neun Tage vergingen wie im Fluge.
Danach stand Ladakh auf dem Programm. Eigentlich kann man dort von Dharamsala aus per Bus hinfahren, aber aktuell war der Pass wieder eingeschneit und ich hatte mich schon vorher für einen Flug von Delhi aus entschieden. Also mit dem Nachbus zurück im die Hauptstadt und dann von dort aus nach Leh. In der Hauptstadt des ehemaligen Himalaya-Königreichs, das jetzt Unionsterritorium von Indien ist, traf ich mich mit einem Kumpel und einem Cousin – wir reisten für eine Woche durch das ehemalige Königreich, schauten uns in und um Leh herum und im Nubra Tal, dem „Valley of Flowers“, eindrucksvolle und sehr alte Klöster an. Besonders beeindruckend waren Thikse Gompa, das wie ein kleiner Potala-Palast an den Berghang errichtet worden war, die Friedenspagode von Leh und Diskit Gompa im Nubra Tal, wo jüngst eine riesige Maitreya-Statue errichtet wurde. Das berühmte Hemis Gompa war dem gegenüber zwar nicht so eindrucksvoll, aber es soll ja angeblich über uralte Dokumente verfügen, die belegen, das Jesus hier in der Gegend den Dharma studiert hat!
Auch die Woche in Ladakh war viel zu schnell vorbei und nach einem kleinen zweitägigen Intermezzo in einem Flughafen-Hotel in Delhi ließ ich Indien hinter mir und reiste nach Norden, nach Katmandu in Nepal. Hier war ich im März 2019 noch, kannte mich also ein wenig in der Stadt aus. Natürlich besuchte ich hier die beiden großen Stupas: Bodhnath, in dessen Nachbarschaft mein Hotel lag, besuchte ich quasi zwangsläufig aber auch sehr gern täglich, während ich Swayambhunath nur einmal einen Besuch abstattete. Bodhnath und seine Umgebung ist sehr vom tibetischen Buddhismus geprägt, zwei Klöster liegen direkt an der Stupa und das riesige Nyingma-Kloster Shechen Monastery in unmittelbarer Nachbarschaft. Swayambhunath würde ich hingegen als Heiligtum des in Nepal einheimischen Newar-Buddhismus ansehen. In dem spielt die Verehrung von Buddha Amitabha auch eine sehr wichtige Rolle. Katmandu hat sogar einen Jodo Shinshu-Tempel, den Kathmandu Hongwanji, den ich vor fünf Jahren auch besucht hatte. Diesmal entschied ich mich aber gegen einen Besuch, da die dortigen Andachten regelmäßig nur am Wochenende stattfinden und ich nur unter der Woche in Katmandu war. Stattdessen besuchte ich den Pilgerort Pharping, wo der tibetische Nationalheilige Padmasambhava eine Zeit lang gelebt und gewirkt hat. Padmasambhava, der von den Tibetern liebevoll Guru Rinpoche genannt wird, gilt dort quasi als zweiter Buddha nach Shakyamuni und als Ausstrahlungskörper von Buddha Amitabha/Amitayus (Amida Butsu). In Pharping gibt es zwei Höhlen, in denen sich der Heilige mit seiner Gefährtin ins Retreat begeben haben soll. Einen Abend treffe ich mich auch noch mit einem nepalesischen Novizen der Nichiren-Schule Honmon Butsuryu Shu an deren kleinem Tempel nördlich von Katmandu. Der Honmon Butsuryu Shu-Tempel von Nepal verfügt auch über eine kleine Friedenspagode, der Shanti Dharma Stupa. Gemeinsam vollziehen wir in dem Tempel die Abendandacht, die wir dem verstorbenen Stupa-Erbauer und den Opfern des Katmanduer Erdbebens von 2015 widmen.