Buddhistisch Pilgern – Fünf Fragen an Meik
Meik, du hast dich auf eine achtmonatige Reise begeben: Was hat dich dazu motiviert?
Meine Motivationen waren im Wesentlichen meine Erfahrungen auf der sechseinhalb monatigen Reise während meines ersten Sabbatjahres (2016) und das Nicht-reisen-können während des ersten Corona-Halbjahres. Das hatte mich dann dazu bewogen Ende Juni 2020 einen erneuten Antrag auf ein Sabbatjahr für 2024 zu stellen, so nach dem Motto: “Besser wird’s nicht, wer weiß was noch kommt, jetzt noch oder nie mehr”.
Was für Gesichter des Buddhismus sind dir im ersten Monat bereits begegnet?
Während meiner bisherigen Reisen, insbesondere im ersten Sabbatjahr 2016, sind mir viele Facetten des Buddhismus begegnet. Ich habe zahlreiche Tempel und Klöster der unterschiedlichsten Traditionen besuchen können, teilweise auch an den Andachten und Übungen teilgenommen und bin über Phänomene und Erzählungen gestolpert, die den physischen und wissenschaftlichen Grenzbereich berühren. Weltweit habe ich die unterschiedlichsten Dharma-Praktizierenden kennenlernen dürfen, die mich alle auf die ein oder andere Art berührt haben.
Was kann man nicht Zuhause, sondern nur auf Reisen erfahren?
Die direkte Begegnung mit den Menschen in ihrem eigenen Umfeld. Es ist zwar mittlerweile möglich, mit Leuten, beispielsweise in Japan, Kontakt aufzunehmen und ihnen Fragen zu stellen, während sie ihre Smartphone-Kamera eingeschaltet haben und uns durch ihren Tempel führen und vielleicht auch noch die Sangha vorstellt, aber mal ehrlich: Sowas passiert ja nicht und selbst wenn, dann muss man sich auch fragen, ob man da die Realität gezeigt bekommt, oder nur “Angepasstes”. Einige von uns haben es ja während Corona gemerkt: Online-Andachten oder Online-Zazen ist eben nicht dasselbe wie wirklich Face-to-Face dazusein. Ein anderer Aspekt ist das Pilgern. Das beinhaltet die Reise, wobei ich hier durchaus auch schon in Deutschland gepilgert bin, in NRW und sogar quasi vor der eigenen Haustür, aber eben nicht “Zuhause”.
Pilgern als religiöse Praxis? In Deutschland ja im christlichen Kontext zwischendurch mal popularisiert. Wie ist es im Buddhismus?
Die ausgeschilderten Wege, die man dafür in Deutschland nutzt, sind natürlich christlich oder man bedient sich nicht-religiöser Wanderwege. Das “buddhistische” ist die Praxis des Gehens. Mit einem Nenbutsu auf den Lippen, gern auch mal an einer christlichen Pilgerstation oder in einer Kirche. (Selbstverständlich nicht laut – die eigene Freiheit endet bei der Beeinträchtigung des Anderen!) Und man improvisiert natürlich. Bei meinem letzten “Jakobsweg” von Xanten nach Köln hatte ich einen koreanischen Tempel und natürlich den Ekoji in Düsseldorf integriert. Es soll auch einen Jizo-Weg hier in Westeuropa geben, den ein niederländischer Zen-Ordinierter initiiert hat, aber darauf zu wandern erfordert viel Planung, Anfragen in den dazugehörigen Tempeln und Zentren und natürlich ist der Weg nicht beschildert.
Und was für eine Rolle spielt Pilgern als buddhistische Praxis für dich?
Bei meinem ersten Japan-Besuch, im Herbst 2009, bin ich den Pilgerweg der 33 Tempel von Kannon Bosatsu in Kamakura gegangen. Das ist ein kleiner Pilgerweg, den man in zwei bis vier Tagen wandern kann. Er beinhaltet die großen Zen-Tempel der Stadt und ein paar Tempel und Klöster anderer Schulen, insbesondere auch der Jodo Shu und der Ji Shu. Das hat mir damals viel Spaß gemacht und mir schöne Erfahrungen beschert. Seither bin ich noch zwei Pilgerwege in Japan gegangen und auch den Jakobsweg in Spanien. All das hat mich sehr zum (japanischen) Buddhismus gerückt. Vorher hatte ich versucht, Zen und Katholizismus irgendwie unter einen Hut zu bringen. Nach dem Jakobsweg bin ich dann aus der Kirche ausgetreten und quasi stattdessen der BGJ-D beigetreten.