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Als Unsui und Shin-Buddhist einmal um  die Welt: Zurück zu den Ursprüngen – nach Zhejiang in China

von Meik Nörling

Sich für die Volksrepublik (VR) China nur knapp sechs Tage Zeit auf dieser Reise zu nehmen, scheint auf den ersten Blick schon fast fahrlässig zu sein! Tätsächlich ist dies aber bereits meine vierte Reise in die VR, Besuche von Hongkong nicht mal mitgezählt. Während meiner ersten China-Reise 2016 verbrachte ich knapp sechs Wochen im Reich der Mitte. Dass es nun nur diese paar Tage und nur eine einzige Gegend waren, hängt mit der Visa-Politik zusammen. Okay, aktuell kann man als Deutscher visafrei nach China reisen, aber als ich die Pläne für diese Reise festzurrte, gab es neben dem teuren kostenpflichtigen Visum, bei dessen Beantragung man bereits alle Hotelübernachtungen angeben und somit gebucht haben musste, nur die Möglichkeit einer visafreien Transit-Einreise für 144 Stunden. Das funktionierte so, dass man quasi von Land A in China hineinflog und vom selben Airport nach spätestens 144 Stunden in Land B weiterflog. Während der sechs Tage dazwischen konnte man sich frei in der Provinz bewegen, in welcher sich der Flughafen befindet. Das ganze Prozedere galt allerdings nur für einige bestimmte Flughäfen. Einer davon war der von Hangzhou, und so entschied ich mich, von Taiwan nach Hangzhou zu fliegen und von dort aus dann weiter nach Narita. Damit durfte ich mich dann sechs Tage visafrei in der Provinz Zhejiang aufhalten. Meine Wahl fiel speziell auf diese Provinz, weil sie zwei buddhistische Klöster beheimatet, welche für den japanischen Buddhismus eine große Rolle spielen.

Nach einer Übernachtung in Hangzhou ging es nahe der Stadt Ningbo ins Kloster Tiantong. Dies war der Ort, an dem der japanische Zen-Meister Eihei Dogen Kigen (1200-1253) unter dem chinesischen Meister Tiantong Rujing studierte, der ihm dann den Dharma-Übertrug. Dogen Zenji kehrte nach Japan zurück und begründete dort das Zen der Soto-Linie in der auch ich ordiniert bin. Das Kloster Tiantong ist nicht so sehr der Touristen-Magnet, man kann sich relativ frei bewegen und hat Zeit sich alles in Ruhe anzusehen.

Der nächste Tag stand ganz im Zeichen des Tiantai Shan. Am Fuße dieses Berges liegen mehrere Klöster und Tempel, insbesondere aber das große Guoqing Kloster der buddhistischen Richtung Tiantai-zong. Es wurde auf Geheiß des großen Gelehrten Tiantai Zhiyi (538-597) gegründet. Hier studierte der japanische Bhikkhu Saicho, der später als Dengyo Daishi (767-822) in die Geschichte eingehen sollte. Dengyo Daishi Saicho brachte nicht nur die Lehren der Tiantai-zong sondern auch esoterische Mantrayana-Praktiken sowie Zen-Lehren mit nach Japan zurück und gründete dann auf dem Berg Hiei im Nordosten von Kyoto das Kloster Enryakuji, welches zum Hauptkloster der von ihm begründeten Tendai Shu werden sollte. Zeitlebens forcierte Saicho die Unabhängigkeit seiner Schule von den etablierten Nara-Schulen und seine Nachfolger schafften es dann, dass die Tendai Shu ihre Ordinationen unabhängig von den wenigen Klöstern in Nara, die Ordinationsplattformen betrieben, durchführen konnte. Viele der großen Schulgründer der japanischen Kamakura-Zeit stammen aus der Tendai Shu, unter anderem auch Honen Shonin, Shinran Shonin und Nichiren, und die Lehren, die Saicho vom Tiantai Shan mitbrachte, machen sozusagen auch einen großen Teil der Schulung aus, die Shinran Shonin während seiner Zeit auf dem Berg Hiei genoß. Das Guoqing Kloster ist allerdings Touristen-Magnet, den hier wirkten auch Zen-Meister wie Fenggan oder die Weisen von Kalten Berg, der Dichter-Mönch Hanshan und sein Freund Shide. Und auch bedeutende Bhikkhus aus Korea kamen hierher um den Dharma zu studieren, so dass das Kloster nicht nur chinesische und japanische Pilger anzieht. Ich fand es sehr überlaufen, selbst an einem Regentag wie den, an dem ich dort war. Trotzdem war es schön, auf den Spuren der Alten Meister und an einer der Quellen zu wandeln.

Die restlichen Tage verbrachte ich dann in der Großstadt Hangzhou selbst. Mein Hotel lag nahe dem riesigen Lingyin Kloster, wo nicht nur einige wichtige chinesische Zen-Meister gelernt und gelehrt haben. Hier hatte auch der japanische Bhikkhu Kukai, der später den Titel Kobo Daishi erhalten sollte (*774 bis +835) für ein paar Wochen auf seinem Weg zur Stadt Xian Halt gemacht, wovon heute eine Statue von ihm kündet. Das Lingyin Kloster war, ebenso wie einige umliegende Klöster und Tempel die ich dort ebenfalls besuchte, auch Wirkungsstätte des verrückten Mönchs Ji Gong, dessen Legenden so sehr in den chinesischen Volksglauben eingegangen sind, dass er nicht nur als buddhistischer Meister, sondern auch als taoistischer Heiliger verehrt wird.

In China erreichte mich dann auch die Nachricht, dass meine beiden Kreditkarten gesperrt worden sind. Mutmaßlich hatte ein Hotelangestellter in Delhi sich die Kartennummern notiert oder abfotografiert und dann versucht, damit online einzukaufen. Für den anstehenden Japan-Aufenthalt brachte das ein paar Probleme mit sich und bestätigte dann leider auch einige meiner Vorurteile die in Indien aufgekommen sind – c’est la vie!

Tiantong Si, wo Dogen Zenji den Dharma übertragen bekam
Guoqing Kloster auf dem Tiantai Shan, Wiege der Tendai Shu
Lingyin Kloster in Hangzhou

2 Comments

  • Theo Bischoff

    Hallo,
    ich fand ihre Reise und Bericht sehr interressant,gerne wüede ich auch noch diese Stätten besuchen können.
    Im Lingyin Kloster war ich 2x,1995 und !997.
    Können Sie auch etwas über die “Meditations-Arten” im Guoqing Kloster auf dem Tiantai Shan sagen,gilt es doch auch,als Geburtsstätte des KONG JIN QI GONG .

    Über eine Nachricht würde ich mich freuen.

    Mit freundlichen Grüßen im Dharma,

    Theo Bischoff (Thien Van)

  • Shaku Gendai Man'po Hoshin

    Namaste!

    Hallo,
    zur aktuellen religiösen Praxis im Guoqing Kloster auf dem Tientai Shan kann ich leider nicht viel sagen, da ich es hauptsächlich als touristische Pilgerstätte erlebt habe. Tatsächlich waren während meines kurzen Besuchs dort kaum Ordinierte zu sehen, abgesehen von den Bhikkhus oder Novizen, welche in wenigen der Hallen Opfergaben feilboten.
    “Menschenmassen und viel Regen in altehrwürdigen Klosterhallen” würde ich den Besuch rückblickend überschreiben. In China ist das ja meist so [meine nicht den Regen], da war das Caodong-zong-Kloster Tiantong Si eine erfrischende Überraschung.

    Hôshin
    [Meik Nörling]

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