Als Unsui und Shin-Buddhist einmal um die Welt: Hoonko und Sesshin in Deutschland
von Meik Nörling
Nach meiner Pilgertour auf der Iberischen Halbinsel verbringe ich die restliche Zeit des Oktobers und den November zuhause, erledige, was erledigt werden muss und werkele insbesondere an Fotobüchern und –Kalendern, in welchen ich die Fotos meiner Reisen verarbeite. Ein paar Events gibt es aber trotzdem:
Ende Oktober steht in unserem Zen-Tempel Butsugenji in Lippstadt das Allerheiligen-Sesshin auf dem Plan. Je nachdem, auf welchen Wochentag der Feiertag fällt, ist das Sesshin fünf bis sieben Tage um den 01. November, dieses Jahr als Einsteiger-Sesshin von Mittwoch, 30.10. bis Sonntag, 03.11. Ich nahm von Donnerstagabend bis Samstagmorgen teil und war erneut froh darüber, dass es bei uns nicht „Ganz oder gar nicht!“ heißt. Mit Shoshin Roshi kann man seine Teilnahmezeit absprechen und einige Sangha-Mitglieder machen das auch, nehmen wie ich gesundheits- oder berufsbedingt nicht am ganzen Sesshin teil. Selbst nur ein paar Stunden Zazen sind wertvoll, gewähren eine Auszeit vom Alltag und lassen einen ins Sesshin eintauchen. Auch die formellen Mahlzeiten mit Oryoki-Schalen begünstigen das.
Mitte November wandere ich an einem Freitag den Kerkherrenweg, einen Rundwander- und auch Pilgerweg, der unsere katholische Pfarrkirche mit den Kirchen zweier Nachbarorte verbindet. Er wurde im Mittelalter wohl von den Pfarrern und Mönchen unseres Klosters gegangen.
Auch am Hoonko-Fest 2024, mit einem Seminar verbunden, nehme ich vor Ort teil. Es wurde vom 22.-24. November im EKO-Haus in Düsseldorf, also unserem Tempel Sanposan Ekoji, veranstaltet. Das eigentliche Hoonko-Fest, also das Dankfest zu Ehren unseres Schulgründers Shinran Shonin, findet in unserem Haupttempel Ryokokusan Hongwanji in Kyoto in der Woche um den 16. Januar (Shinrans Todestag) statt. Damit wir Shinshu-Anhänger die Möglichkeit haben, das Fest sowohl im Haupttempel als auch im Gemeindetempel zu feiern – für uns deutsche Shin-Buddhisten und auch für viele Shin-Buddhisten aus Europa ist das ja der Ekoji – feiern die Gemeindetempel das Fest vor dem 16. Januar, regelmäßig irgendwann im Zeitraum von Ende September bis Anfang Januar. Bei uns im Ekoji ist das immer der letzte oder vorletzte Samstag im November, wobei von Freitag bis Sonntag dann das Hoonko-Seminar stattfindet, zu dem ein oder mehrere Gastredner geladen werden. Gastredner des aktuellen Seminars ist Rev. Prof. Dr. Toshikazu Arai, der zu drei Themen referiert:
Für Thema Nr. 1 „Shakyamuni Buddha und Ananda“ zieht Arai-Sensei das Maha-Parinibbana-Sutta des Pali-Kanons heran und legt dabei den Schwerpunkt auf das „Hören des Dharma“, wobei „Hören“ auch immer ein tiefes Verständnis beinhalten sollte, nicht nur das intellektuelle Aufnehmen und Wiedergeben-Können.
Bei Thema Nr. 2 „Shinran und Träume“ besprechen wir die wenigen überlieferten religiösen Träume von Shinran Shonin und die Auswirkungen, die sie auf sein Leben und seine Lehre hatten.
Das Thema Nr. 3 „Was ist das Reine Land“ bespricht die Frage der räumlichen und zeitlichen Verortung des Reinen Landes und nicht so sehr die Beschreibungen seiner Beschaffenheit aus den Schriften. Gedanken zur Raum-Zeit, wie etwa die Differenzierung zwischen diachronischer und synchronischer Raum-Zeit erinnern mich stark an Meister Dogens Schrift „Shobogenzo-Uji“ („Sein-Zeit“) und ich will keinesfalls behaupten, dass ich da durchblicke. Ehrlich gesagt ist dieses Thema, ebenso wie Einsteins Relativitätstheorie für mich sehr schwere Kost.
Für Thema Nr. 4 „Jiriki und Tariki“, bezieht sich Arai-Sensei auf die Schriften von Rev. Jitsuen Kakehashi, der diese beiden Begriffe, insbesondere Tariki – die Andere Kraft – etwas anders benutzt als gemeinhin üblich. Da wird Tariki dann nicht zwangsläufig als Gegenteil von Jiriki aufgefasst, sondern schlicht als „Wirken von Amida Buddha’s Weisheit und Mitgefühl welches durch’s ganze Universum fließt“, wie Arai-Sensei es aus meiner Sicht sehr schön formulierte.
Am Seminar nahmen 15 Personen im Tempel und online wohl nochmal genauso viele teil. Bei der Festandacht am Samstagnachmittag, also beim eigentlichen Ekoji-Hoonko 2024 waren etwa 50 Personen anwesend.
Vom 1.-8. Dezember fand im Butsugenji auch das jährliche Rohatsu-Daisesshin statt. Daran nahm ich auch von Donnerstagabend bis Samstagmorgen teil. Das Rohatsu-Sesshin findet in Übungsklöstern und vielen Tempeln und Zentren der japanischen Zen-Tradition üblicherweise in der Woche vor Buddha Shakyamunis Erleuchtungstag statt, in Japan „Jodo-e“ genannt. Dies wird schulübergreifend auch in anderen japansich-buddhistischen Traditionen am 8. Dezember (oder dem diesen Tag nächsten Wochenende) gefeiert.